Was hier jetzt folgt ist ein Bericht über mein Ergehen und
meine Gedanken während dem IRONMAN auf Hawaii, der IRONMAN Weltmeisterschaft.
Manchmal möge es etwas schlimm klingen, und viele von euch werden sich die
Frage stellen: Warum hört sie dann eigentlich nicht auf? Diese Frage kann ich
euch ganz einfach beantworten: wenn man von dem Moment träumt, über die
Finishline zu laufen, bei 1000en Leuten vor Ort und Freunden und Verwandten zu
Hause vorm Fernseher (!), dann nimmt man einiges in Kauf – vor allem wenn man „ich“
ist. Wie Martin, mein Freund, schon oft bemerkt hat, bin ich ein extrem sturer
Bock, dass ich da finishe, das lass ich mir nicht nehmen – sonst muss ich
nochmal nach Hawaii kommen, und das habe ich in den nächsten Jahren nicht vor,
vor allem nicht zum IRONMAN. ;-)
3:30 Uhr Tagwache
Nachdem sehr wenig Informationsfluss zu mir durchgedrungen
ist, was Ablauf & Co des Ironman betrifft, wollte ich früh genug dort sein.
Sie haben nur an uns Athleten appelliert dass wir ja früh genug zum Body
Marking kommen sollen, so machten wir uns nach einem üppigen Frühstück um 4:35
Uhr auf zum Pier. Mir ging es zu dem Zeitpunkt gut, ich wusste dass ich mental
und körperlich (so gut es ging) perfekt auf den Wettkampf vorbereitet bin. Es
fühlte sich nicht an wie ein Wettkampf, mein Ziel für dieses Rennen war, dass
ich das Rennen genieße (so gut es geht) und dass ich gesund und glücklich ins
Ziel komme. Diese Worte kreisten immer in meinem Kopf.
Was auch permanent in meinem Kopf kreiste, waren die vielen
Leute die sich bei mir meldetet und alles Gute wünschten und mir versprachen,
dass sie mit gedrückten Daumen schlafen gehen würden. An alle die das gemacht
haben, oder die vorm Livestream gesessen sind: ich kann euch gar nicht genug
sagen wie sehr mir das geholfen hat. Jeder einzelne von euch hat dazu
beigetragen dass ich die Finishline gestern erreicht habe.
Ich fand in der Früh zum Glück schnell den Weg zum Body
Marking, dort klatschten sie mir meine Startnummer auf meinen linken und meinen
rechten Oberarm und dann gings schon wieder zu meinem Supportteam (nicht zu
meinem Bruder Christoph – der ist nochmal heimgefahren frühstücken :D ). Dann
wollte ich die Wechselzone aufsuchen. Dank der „guten“ Organisation und den „tollen“
Informationsfluss habe ich genau gewusst wo ich hingehen muss (Achtung
Sarkasmus!!). Ich bin eine gefühlte Ewigkeit herumgeirrt, auf der Suche nach
dem Eingang zur Wechselzone, dass ich meine Säcke noch fertig befüllen konnte,
mein Rad aufpumpen und Essen auf meinem Rad befestige. Ich war echt schon
richtig grantig – das war zu viel für mich. Ein Ironman und eine schlechte
Organisation. Und endlich hatte ich den Eingang gefunden, dann konnte ich keine
Rucksack mithineinnehmen, keiner weiß warum, aber nachdem ich alles in den
Pre-Swimbag umgeräumt habe, habe ich in der Wechselzone alles erledigt, und
machte mich wieder auf den Weg hinaus.
Dort wartete nun schon mein ganzes Team. Ein paar Fotos, ein
paar Lockerungsübungen und Umarmungen und dann machte ich mich schon auf den
Weg zum Schwimmen.
Das Schwimmen
Man merkte sofort dass es hier sich nicht um einen normalen
Ironman handelte, sondern um die Weltmeisterschaft, an der Anzahl der
Kamerateams rund um und in der Wechselzone. Ich bewegte mich ins Wasser und war
dann wieder beruhigt. Bevor ich in die Wechselzone ging hatte ich eine Stunde
in der ich sehr, sehr, sehr nervös war. Ich schwamm vor zum Start und dachte
mir nur, oh das sind aber viele Frauen hier – um die 600 an der Zahl (die
genaue Zahl weiß ich leider nicht – aber kann man im Internet bestimmt finden.
Das Feld löste sich einen Kilometer lang nicht auf, und bei
jeder Boje ging die Schlägerei von neuem los. Ich schwamm prinzipiell sehr
locker los, da ich nichts überstürzen wollte und außerdem ging es mir bei
dieser Weltmeisterschaft rein ums ins Ziel kommen. Weiter draußen begannen
schon ziemliche Wellen, dass mir schon ganz flau im Magen wurde, ich hoffte nur
dass es sich nicht verschlimmerte. Hat es nicht, ich bin gut aus dem Schwimmen
hinausgekommen mit 1:28,26 Stunden (3,8 Kilometer) – was für mich eine eher
schlechte Schwimmzeit ist, aber ich hab mir ja auch Zeit gelassen, und die
Strömung ist nicht vernachlässigbar – ab aufs Rad.
Das Radfahren
Ich war sehr motiviert, da ich mich auf die Strecke freute,
weil ich mir die ja schon am Montag angeschaut hatte und da wars echt schön zum
fahren. Bis zur Auffahrt nach Hawi (etwas weniger als die Hälfte, ca bei KM 80)
ging es echt gut, der Wind war nicht so schlimm und zum Fahren war es echt
spitze. Dann ist es losgegangen: Bergauf und Gegenwind. Das Einzige was mich
aufmunterte war, dass ich dann Rückenwind habe wenn ich wieder hinunterfahre –
da sollte ich mich täuschen, dazu gleich. Die Auffahrt schien nicht enden zu
wollen, und neben dem starken Wind kam auch noch ziemlicher Regen dazu. Nach
ungefähr 3:45 Stunden war ich dann endlich am Turning Point angekommen, wo ich
meine 2. Ladung Apfelbrot in mein Rad einpackte, obwohl ich nicht viel gegessen
habe, weil ich leider schon wieder Probleme mit dem Magen hatte.
Dann ging es endlich bergab. Und da war auch der lang
ersehnte Rückenwind – aber nicht lange. Der Wind drehte und die Tortur ging von
neuem los. Da dachte ich mir nur dass es eigentlich schon unfair ist, dass die
Profis, die das eigentlich eh alles gut können, eine Stunde vorher Starten, und
den Wind voll ausnutzen können. Aber naja, ist halt so, da musste ich jetzt
durch. Das war das erste Tief. Bei einer Langdistanz hat man immer Tiefs – sie kommen
und sie gehen. Aber das schien nicht gehen zu wollen. Ich schlich dahin, der
Tacho zeigte nie mehr als 20km/h an, da der Wind nun ziemlich unerträglich von
der Seite kam – nächster Tiefpunkt vom Tief. Ich kam einfach nicht voran. Die
KM-Marker zählten zwar hinauf, aber so dermaßen langsam, dass meine Stimmung
ziemlich am Boden war.
Aber es ging noch tiefer, die Stimmung erreichte
Meeresboden-Tiefe als der Wind wieder drehte und nun von vorne kam. Ich hatte
40 Kilometer Gegenwind, und da ging der Tacho nicht einmal über 15km/h hinaus.
Dann schickte mir irgendwer eine Hilfe: eine junge Dame aus meiner Altersklasse
fuhr über 20 Kilometer in meiner Sichtweite und munterte mich immer wieder auf.
Sie opferte sogar Magentabletten für mich, da es mir mittlerweile so schlecht
ging, dass ich fast brechen musste, sobald ich versuchte was zu essen. Ich
musste eine Banane wieder ausspucken, da ich mich sonst übergeben musste. Ich
versuche noch immer sie ausfindig zu machen, damit ich ihr danken kann, sie hat
mir mein Rennen gerettet.
Als ich dann die Leute schon auf den Highway laufen sah (ca.
10 km vor der Wechselzone), kam die Motivation plötzlich zurück. Ich smilte nur
mehr und freute mich richtig auf den Marathon. Die letzten 10 km hatte dann
auch der Wind aufgehört, und ich konnte wieder meinen 30 km/h Schnitt fahren.
Ich freute mich wirklich total auf die Wechselzone, vor allem weil ich dann
endlich wieder mein Supportteam sah – und wie ich alle sah, und alle feuerten
mich an. Außerdem waren Christoph, Alfi und Chris die ganze Bike-Strecke
entlang vertreten und haben mich bei jeder möglichen Kreuzung angefeuert. Aber
dann ging es voller Motivation auf den Marathon.
Das Laufen
Ich war einfach nur glücklich, motiviert, gut drauf und
grinste die ersten 20 Kilometer soviel ich konnte, da es einfach einfacher ist,
wenn man lacht. Den ganzen Alii Drive entlang (die ersten 15 Kilometer) waren
permanent Leute an der Strecke und alle haben alle angefeuert. Da gabs
niemanden der nicht mit Herzblut dabei war bei diesem Ironman. Zwei lustige
Erinnerungen vom Alii Drive: ein Plakat mit der Aufschrift: „At least you are
not at work“, zu Deutsch: „Zumindest seit ihr nicht in der Arbeit“ – Das hat
mich sooo belustigt, und mich den ganzen Marathon begleitet. Und die Zweite:
ein kleiner Junge (ca 2-3 Jahre alt, ich kann das nicht so gut einschätzen) war
mit seiner Mami (vermutlich) am Alii Drive unterwegs, und ich hörte nur von
hinten: „Give it to her! Give it to her!“ – ich drehte mich um, und dann ist
tatsächlich dieser kleine Junge mir nachgelaufen mit einer pinken Hawaii Blume
in der Hand, die er mir geben wollte. Ich drehte mich sofort um, stoppte ganz
kurz und nahm sie voller Freude an mich, und steckte sie in meine Kappe und
lief weiter bis zum Lava Java Cafe wo wieder mein Team wartete, hinauf die
Palani Road, wo Alfi, Chris und Christoph auf mich warteten. Ich hatte echt
viel Spaß – und dann ging es auf den Queen K, in die Dunkelheit.
Also nachdem es jede Meile eine Labestation gab, lief ich
einfach von Labestation zu Labestation, nach der 2. War ich dann schon ganz routiniert:
Wasser trinken, Schwämme ins Tritop, Orange essen, Gel oder Salztablette essen,
Wasser trinken und einen Eisbecher mitnehmen. Da es schon finster war, brauchte
ich das Eis nicht mehr für meinen Kopf, dafür aß ich einen Eiswürfel nach den
anderen bis zur nächsten Labestation. Und das 25 Meilen lange. Dank den
Magentabletten vom Radfahren, hab ich keine Probleme mit Gels und Co gehabt.
Ich hatte die ganze Zeit über keine wirklichen Schmerzen, nur halt die üblichen
Muskelkater ähnlichen Schmerzen. Ich versuchte jeden Kilometer dieser
Weltmeisterschaft zu genießen, und freute mich, dass ich das bald Heim kommen
kann. Das Energy Lab war um die Zeit dann echt nicht mehr schlimm, ganz normal, schwarze Luft und angenehm warm.
Ich lief den Queen K zurück nach Kona, und lief und lief und
lief und jeden Schritt mehr setzte ich wieder eine Grinser auf. Ich kann
endlich meinen Lebenstraum verwirklichen. Ich kann endlich in die Finishline in
Kailua-Kona laufen. Die Stimmung am letzten Stück vom Queen K war der Wahnsinn,
und dann die letzte Meile werde ich nie vergessen. Es waren soviele Leute. Alle
schreien und jubeln. Von alle Seiten ruften die Leute meinen Namen und „Girl
you’re looking good!“, „almost there!“ und ich freute und freute und freute
mich einfach nur.
Die Finishline
Am Alii Drive ging es nochmal richtig ab, von allen Seiten,
auch Athleten die mit ihren Rädern schon nach Hause fuhren. Es war einfach nur
der Wahnsinn. Ich schnappte mir die Fahne, die mir meine Mama von zu Hause
mitgebracht hat, wo ein Teil meiner Verwandten darauf unterschrieben hat und
brachte das Ding nach Hause. Alle hielten mir die Hände hin zum einklatschen,
ich freute mich so unendlich viel, ich blieb noch in der Finishline stehen und
genoss den Moment. Mir ging nur durch den Kopf: „Ich habs geschafft. Ich habs
geschafft. Es ist vorbei.“. Ich war einfach nur glücklich. Die Medaille ist
wunderschön, das T-Shirt ist spitze und eine Kappe habe ich auch noch bekommen.
Ich war etwas überfordert mit der Situation. Deshalb ging
ich 5x hin und her und war mir nicht sicher ob ich zuerst mein Team suchen
soll, oder mich zuerst duschen soll. Ich entschied mich für Zweiteres, und es
war eine Erleichterung. Und dann war der Empfang von Mama, Martin, Marina,
Christoph, Alfi und Chris umso schöner.
Das Rennen selbst war das härteste Rennen das ich je
bestritten hab. Ich war bei einem Wettbewerb mental noch nie so sehr am Boden.
Aber umso wichtiger ist, dass ich den Weg wieder aus diesem Tief gefunden habe.
Das hat mir wieder einen noch tieferen Einblick in die mentale Stärke von
meinem Kopf gegeben. Meiner Meinung nach war das eine sportliche und mentale
Höchstleistung, und ich kann sagen, dass ich wirklich stolz auf mich bin.
Das alles hätte ich nicht geschafft, wenn mir nicht soviele
Leute soviele Positive Gedanken zugesendet haben. Von zu Hause. Von den USA. Von
Leuten die ich gar nicht kenne. Ich freue mich so sehr über jede einzelne
Nachricht. Also ein riesengroßes DANKESCHÖN an alle, fühlt euch persönlich
angesprochen :)
Zahlen und Fakten
In einer Zeit von 14:39:54 Stunden konnte ich die Weltmeisterschaft beenden. Damit wurde ich in meiner Altersklasse 29./31, von den Frauen 529./662 und insgesamt 1941./2367. Für eine Weltmeisterschaft ist das voll okay :).
In diesem Sinne: ALOHA und bis bald :)
In einer Zeit von 14:39:54 Stunden konnte ich die Weltmeisterschaft beenden. Damit wurde ich in meiner Altersklasse 29./31, von den Frauen 529./662 und insgesamt 1941./2367. Für eine Weltmeisterschaft ist das voll okay :).
In diesem Sinne: ALOHA und bis bald :)
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